Online-Werkstatt am 13.11.2023 18:30 Uhr:
"Schulzeitstreckung in der Oberstufe"

Wie kann für einzelne Schülerinnen und Schüler, die Möglichkeit eröffnet werden, in der Oberstufe länger zu verweilen, um Stress zu reduzieren oder auf besondere Bedürfnisse und Situationen zu reagieren? Wir sehen darin eine Chance für alle oder für besondere Zielgruppen, in eigenem Takt die Oberstufe zu durchlaufen. Dazu stellen wir zwei Modelle vor, wie dies im Rahmen der bestehenden Regelungen gestaltet werden kann. Beide Modelle werden bereits in Bielefeld und Frankfurt praktiziert.

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Die Gestreckte Eingangsphase des Oberstufen-Kollegs Bielefeld

Michaele Geweke / Ramona Lau

 Für Jugendliche, die noch nicht lange in Deutschland leben, aber ihren Weg zum Abitur fortsetzen möchten, bietet das Oberstufen-Kolleg Bielefeld seit 2015 die Gestreckte Eingangsphase an. Es handelt sich um ein teilintegratives Beschulungsmodell, bei dem die Stufe 11 von vornherein auf zwei Jahre angelegt ist. Kollegiat:innen werden hier gezielt für die sprachlichen und inhaltlichen Anforderungen der gymnasialen Oberstufe fit gemacht. In der anschließenden Qualifikationsphase belegen sie dann das obligatorische Kursprogramm und können die vorgesehenen Abschlüsse (schulischer Teil der Fachhochschulreife oder Abitur) erreichen.

Als Versuchsschule des Landes Nordrhein-Westfalen für die gymnasiale Oberstufe hat das Oberstufen-Kolleg Bielefeld den Auftrag, Kollegiat:innen unterschiedlicher Vorbildung zur allgemeinen Hochschulreife zu führen. Die speziellen Aufnahmebedingungen machen es möglich, dass nicht nur Schüler:innen mit einem Qualifikationsvermerk für die gymnasiale Oberstufe aufgenommen werden. Durch ein mehrstufiges Aufnahmeverfahren wird sichergestellt, dass die Bewerber:innen für das OS geeignet sind. Für die Gestreckte Eingangsphase gibt es ein entsprechend angepasstes Verfahren.

Das Oberstufen-Kolleg sieht Vielfalt als Chance und entwickelt, ebenfalls im Rahmen des Versuchsauftrags, fachlich orientierte und fächerübergreifende Lerngelegenheiten, bei denen Kollegiat:innen ihre Talente und Interessen entfalten können. Auch im Bereich der Leistungserbringung und -bewertung wird Stärkenorientierung groß geschrieben, was den Kollegiat:innen Spielräume eröffnet, jenseits von Klausuren eigene Schwerpunkte zu setzen. 

Talentförderung durch Schulzeitstreckung

Nachwuchsleistungssport an der Carl-von-Weinberg-Schule Frankfurt am Main

Inge Gembach-Röntgen

Wie kann ein Nachwuchsleistungssportler, der morgens um sieben bereits seine Bahnen in der Schwimmhalle zieht, der zusätzlich zu den drei schulischen Trainingseinheiten wöchentlich acht bis zehn weitere Trainingseinheiten auf Verbands- und/oder Vereinsebene absolviert, am Wochenende Wettkämpfe bestreitet, seinen schulischen Verpflichtungen angemessen nachkommen und ein seinen Fähigkeiten entsprechendes Abitur erreichen? Vermutlich gar nicht.

Besondere Schüler*innen brauchen einfach besondere schulische Bedingungen, um ihre Talente voll ausschöpfen zu können. In diesem Fall schulisch und sportlich.

Die Carl-von-Weinberg-Schule in Frankfurt am Main ist eine integrierte Gesamtschule und die einzige in Frankfurt mit einer gymnasialen Oberstufe. Sie ist seit 1996 zudem Partnerschule des Leistungssports und damit eine von aktuell 43 Eliteschulen des Sports bundesweit. Das Prädikat „Eliteschule des Sports“ wird durch den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) vergeben und regelmäßig evaluiert. Zudem trägt die Schule den Titel Eliteschule des Fußballs, der durch den DFB verliehen und ebenfalls regelmäßig evaluiert wird.

Mit der Zertifizierung ist der Auftrag an die Schule verbunden, die Talente und Fähigkeiten von Nachwuchsathlet*innen so zu fördern und zu entwickeln, dass sie sowohl schulisch als auch sportlich die bestmöglichen Ergebnisse erreichen und die Anforderungen durch die Doppelbelastung erfolgreich bewerkstelligen können.

Dies gilt vor allem für die Nachwuchsleistungssportler*innen in der Oberstufe. Durchschnittliche Trainingsumfänge von bis zu 20 Stunden pro Woche plus vier bis fünf Stunden Athletiktraining, Wettkämpfe an den Wochenenden und Trainingslager während der Schulzeit sind mit 30 und zum Teil mehr Wochenstunden in der Schule nicht zu vereinbaren. Hinzu kommen jeweils zwei Pflichtklausuren pro Kurs, das Nacharbeiten verpassten Unterrichtsstoffes, Hausaufgaben, Präsentationen etc.

Olympische Medaillen fallen nicht vom Himmel. Sie müssen hart erarbeitet werden.

Seit dem Schuljahr 2016/17 ermöglicht die Carl-von-Weinberg-Schule mit Genehmigung des Hessischen Kultusministeriums deshalb eine Schulzeitstreckung in der Qualifikationsphase. Grundvoraussetzung für die potenziellen Nutznießer*innen dieser Maßnahme ist, dass sie einen Bundeskaderstatus in ihrer Sportart bereits erreicht haben.

Zu Materialien früherer Werkstätten Vorstellung der Initiative "Flexible Oberstufe" Jetzt! Warum jetzt die Zeit ist, Schulen zu verändern - ein Plädoyer
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